Eric Clapton (1984)
AMIGA 856071
(1 Exemplar – eigene Sammlung)
Covertext
Von Eric Clapton stamm das Bild vom Rock als Akkumulator, der immer wieder zum Blues zurück muß, um sein musikalisches Potential zu regenerieren, um neue Kräfte zu schöpfen. Er selbst praktiziert diese Methode seit über zwanzig Jahren, in denen er mit wechselndem Erfolg, wechselnder Intensität und vor allem wechselnden Besetzungen arbeitet – als Gitarrist und Sänger mit einer Gruppe, als Mitglied anderer namhafter Gruppen oder als gefragter Sessionmusiker. Eine komplette Diskographie seiner Aufnahmen würde Seiten füllen. Im Unterschied zu den Beatles und anderer Zeitgenossen liegt die Bedeutung Claptons auf einem etwas anderen Gebiet. Er war der erste Rockmusiker, der sich als Instrumentalist durchsetzte.
Am 30. März 1945 in Ripley in der Nähe Londons geboren, gründete er mit 10 Jahren seine erste eigene Gruppe. The Roosters. Nach einer Stippvisite bei Casey Jones & the Engineers stieß es zu den Yardbirds und John Mayall’s Bluesbreakers. Mit den Yardbirds begleitete er den Bluessänger und harmonikavirtuosen Sonny Boy Williamson: weitere stilbildende Einflüsse waren Buddy Guy, B. B. King und Robert Johnson. In dieser Zeit verbesserte er seine Spieltechnik derart, daß bald an Londoner Häuserwänden „Clapton Is god“ stand – „Clapton ist Gott“. Er selbst ist bescheidener: „ Ich begreife nicht, wie man so etwas sagen kann. Ich bin nur irgendein Gitarrist, einer von vielen. Wenn man anfängt, daran zu denken, der Beste sein zu wollen, sollte man lieber aufhören zu spielen.“ Sein Intermezzi bei den Gruppen Glands und Powerhouse waren ein Indiz mehr, daß die Zeit reif war für einen qualitativen Umschwung in der Rockmusik. Die musikalischen Horizonte des Genres begannen sich Mitte der sechziger Jahre zu erweitern. Die Beatles veranlaßten ihr Publikum, ungewohnten Harmonien zu lauschen. Bob Dylan lehrte, über die Texte nachzudenken.
Ende 1966 machte sich das Triumvirat Eric Clapton, Jack Bruce und ginger Baker als The Cream, als crème de la crème, auf, eingeführte Klischees von Dreiminutenstücken zu sprengen. Als Supergruppe annonciert, boten sie die besten Voraussetzungen, diesem hohen Anspruch gerecht zu werden. Clapton hatte sich bei den Yardbirds und John Mayall freigespielt, Bruce, Baßgitarrist bei Alexis Korner, Graham Bond, John Mayall und Manfred Mann, erwies sich auch als ausgezeichneter Sänger, und Baker hatte sich bei Terry Lightfoot, Mr. Acker Bill und Bob Wallis Jazzpraxis angeeignet, bevor er zur Graham Bond Organisation ging.
Bis zu halbstündige solistische und Kollektive Improvisationen wurden zum Qualitätsmerkmal der Cream-Musik. Sehr bald zeigten sich jedoch auch die Schattenseiten der Supergruppen-Konzeption. Die drei Spitzenmusiker zu sehr Individualisten, um sich auf Dauer in ein Kollektiv zu fügen, um mit dem Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen zufrieden sein zu können. Die Gruppe zerspielte sich förmlich. Ende 1968 verließ Bruce Jack das Trio. Da Cream nach allen damaligen Popularitätsumfragen zu den fünf populärsten Rockgruppen der Welt gehörte, erwartete man ungeduldig die nächsten Schritte der Musiker. Bruce arbeitete als Solist weiter, Clapton und Baker versuchten mit Steve Winwood (org, voc) und Rick Grech (b) als Blind Faith die Supergruppen-Konzeption weiterzuführen, scheiterten jedoch nach kurzer Zeit an den gleichen Schwierigkeiten.
Im November 1969 war dann der Name Clapton plötzlich unter den „Friends“ des Musikerehepaares Delaney und Bonnie Bramlett zu finden. Die Motivation: Eric Clapton sehnte sich nach der Anonymität seiner frühen Jahre. Musiker dieses ständig wechselnden Tournee-Ensembles, unterstützt von Leon Russel (p), John Simon (P) und Stephen Stills (g) begleiteten ihn dann auf der ersten Langspielplatte, die unter dem Namen „Eric Clapton“ erschien (1970). Hier präsentierte er, von gelegentlichen Vokalparts bei Mayall und Cream abgesehen, zum ersten Mal seine gesanglichen Fähigkeiten. Mehr als bisher stellte er sich auch als Komponist vor, obwohl der Erfolgstitel dieser Platte, „After Midnight“, von J. J. Cale war.
Aus den Freunden von Delaney & Bonnie rekrutierte sich dann seine erste eigene Gruppe, in der er sich unter dem Namen Derek versteckte. Die erste Langspielplatte von Derek and the Dominos, „Layla And Other Assorted Love Songs“, enthält neben der inzwischen weltberühmten „Layla“ wieder eine gehörige Portion Blues. Übrigens stimulierte der Gitarrist Duane Allman als Session-Gast seine Freund Clapton dabei zu mitreißenden Gitarrenduetten. Der Tod Allmans kurze Zeit später war für Clapton ein schwerer Schlag. Nach längerer Spielpause gelang es erst 1973 Who-Chef Pete Townshend, Clapton aus der selbstgewählten Isolation zu holen. Ihr gemeinsames „Rainbow Concert“ ist auch auf Platte dokumentiert. Die LP „461 Ocean Boulevard“ (mit dem Erfolgstitel „I Shot The Sheriff“) strahlte wieder optimistische Töne aus, und seit 1974 erscheinen regelmäßig Platten des berühmten Instrumentalisten. Zum Musikerstamm gehörten jahrelang Dirk Sims (org, keyboards), Carl Radle (b), George Terry (g), Jamie Oldaker (dr) und die Sängerin Yvonne Elliman. Dazu kamen immer wieder namenhafte Gäste, wie Billy Preston, Bob Dylan, The Band, Ron Wood, Georgie Fame, Ry Cooder.
Zu einem Konzert anläßlich seines zwanzigjährigen Musikerjubiläums versammelte Eric Clapton 1983 Musikerfreunde zu einem denkwürdigen Konzert. Auf der Bühne der Londoner Royal Albert Hall standen noch einmal Jimmy Page, Jeff Beck und andere Gitarren-Größen nebeneinander. Auch die ‘82er LP „Money & Cigarettes“ mit dem Hit „I’ve Got a Rock’n’Roll Heart“ bewies, daß Claptons Musik zeitlos aktuell ist.
Neben diesem Hauptweg beging Eric Clapton im laufe der Jahre zahlreiche, mitunter recht verschlungene Wege als Gastsolist oder Sessionmusiker. So arbeitete er mehrmals mit John Lennon und Yoko Ono, u. a. in der Plastic Ono Band. George Harrison half er bei „While My Guitar Gently Weeps“. 1967 spielte er für Frank Zappa, 1968 für Jackie Lomax, 1969 für Billy Preston, Doris Troy, 1970 für Leon Russel, Georg Harrison (diesmal bei „All Things Must Pass“), King Curtis, Ashton, Gardner & Dyke, 1971 Howlin‘ Wolf … Die Aufzählungen ließen sich fortsetzen.
Bei aller Unterschiedlichkeit des musikalischen Kontextes und des musikalischen Materials: Claptons Gitarrentechnik ist unverwechselbar. Die alten Bluesgitarristen schmückten sich gerne mit einem Beinamen. Clapton nennt man „Slowhand“ – die langsame Hand. Sein Spiel verrät in langen Jahren erworbene Reife und Sicherheit. Von Clapton sind keine spektakuläre Neuerungen oder trendauslösende Impulse zu erwarten. Er ist und bleibt der Meister eines grundsoliden, technisch perfekten Gitarrenspiels. Und diese Beständigkeit bedeutet viel in der schnelllebigen Welt der Rockmusik.
Rainer Bratfisch (1984)
Titelliste
A1 – Lay Down Sally – 3:52
(Marcy Levy / Eric Clapton), (P) 1977
A2 – Promises – 3:03
(Richard Feldman / Roger Linn), (P) 1978
A3 – Let It Grow – 4:58
(Eric Clapton), (P) 1974
A4 – After Midnight – 3:13
(J. J. Cale), (P) 1970
A5 – Wonderful Tonight – 3:45
(Eric Clapton), (P) 1977
A6 – I Shot The Sheriff – 4:25
(Bob Marley), (P)1974
A7 – Next Time You See Her – 4:00
(Eric Clapton), (P) 1977
B1 – We’re All The Way – 2:30
(Don Williams), (P) 1977
B2 – Motherless Children – 4:52
(Trad. / Arr.: Eric Clapton & Carl Radle), (P) 1974
B3 – Give Me Strength – 2:55
(Eric Clapton), (P) 1974
B4 – Carnival – 3:42
(Eric Clapton), (P) 1976
B5 – Hello Old Friend – 3:35
(Eric Clapton), (P)1976
B6 – Early In The Morning – 5:38
(Trad. / Arr.: Eric Clapton), (P) 1978
Übernahme von der Deutschen Grammophon Gesellschaft mbH, Hamburg/BRD
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Werk Gotha
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