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Ian Tyson – Cowboyography (1988)

AMIGA 856395
(1 Exemplar – eigene Sammlung)

Covertext

Während der Eröffnungsveranstaltung der Olympischen Winterspiele 1988 in Calgary traten auch zwei Countrysänger auf – Gordon Lightfoot und lan Tyson. „Aha, der in rotem Umhang und Hut“, weiß man Tyson von nun an weltweit einzuordnen. Dabei bestimmte der am 25. 9. 1933 in British Columbia/Kanada geborene lan Tyson bereits in den 60er Jahren die damalige Folksong-Bewegung maßgeblich mit. Auf einer Farm aufgewachsen, arbeitete Ian zunächst als Landarbeiter, dann als Rodeoreiter, durchreiste ganz Kanada und trat gelegentlich als Sänger und Gitarrist in kleinen Clubs und Cafehäusern auf. Im Herbst 1959 traf er in Toronto Sylvia Fricker (geb. 19. 9. 1940 in Chatham/Ontario), die seine Duett- und Ehepartnerin wurde. Als
lan und Sylvia wurden sie in der Folk-Szene der 60er Jahre (auch als Autoren) ein Begriff; ebenfalls in den USA, nachdem sie vorübergehend nach New York übergesiedelt waren. Sylvia schrieb z.B. „You Were On My Mind” und Tysons Songs bereicherten neben Liedern von Bob Dylan, John Prine und Gordon Lightfoot das bislang meist aus Traditionals bestehende Repertoire der Bluegrass-Bands der 60er Jahre, wie beispielsweise der Dillards.

lan Tyson’s bekannteste Songs aus dieser Zeit sind „Four Strong Winds” und „Some Day Soon”. Das von kanadischen Wanderarbeitern handelnde „Four Strong Winds“ wurde 1964 zu einem Hit. „Lieder wie dieses,” konnte man in einer Veröffentlichung lesen, „führten zu einer Wiederbelebung der Geschichtenerzähler-Tradition in der Country Music und brachten sie ihren Wurzeln wieder
etwas näher.“

Mit „Some Day Soon“ schuf lan Tyson einen der wesentlichsten Rodeo-Songs der Country Music. „Wenige von ihnen“, urteilt ein Kritiker, „waren so prägnant in ihrer Beschreibung der Einsamkeit und Entwurzlung,
die mitunter dieses zügellose und kräftezehrende Dasein begleiten.”

Während der 70er Jahre war die „lan Tyson Show” in ganz Kanada ein Begriff.

Die Ehe mit Sylvia wird Mitte der 70er Jahre geschieden und Ian zieht sich aus der Musikbranche mehr und mehr zurück, kauft sich in Longview/Alberta eine Ranch, die er noch heute leitet und die durch gefragte Zuchtpferde einen Namen hat.

lan Tyson Iäßt seine musikalischen Ambitionen jedoch nicht verkümmern, 1981 erscheint die LP „Rodeo Romeo“, 1983 „Old Corrais & Sagebrush” und 1985 „lan Tyson“.

In Einklang mit seinem hauptberuflichen Umfeld und in Fortsetzung von Traditionslinien aus seiner Folk-Ära profiliert sich Tyson zunehmend zu einem der führenden zeitgenössischen Vertreter des „Western”-Zweiges
der Country Music, und das ohne jegliche Bindung an das Medium Film, das den Western-Song in den 30er Jahren im wesentlichen vorangebracht hatte. Bisheriger Höhepunkt dieser Entwicklung ist die vorliegende LP „Cowboyography“, für die Tyson bereits im Erscheinungsjahr von der kanadischen Country Music Association mehrere Preise erhielt (bester Sänger des Jahres, Album des Jahres und Single des Jahres für
„Navajo Rug“) und auch als bester Country-Sänger des Jahres ausgezeichnet wurde.

Musikalisch verbindet Tyson in den Songs, in denen er (bis auf zwei mit Tom Russell verfaßt) ausschließlich eigenes Material verwendet, geschickt die Tradition der Country Music (z. B. Steelguitar) mit Drumsounds und digitalen Keyboards der 80er Jahre.

Auch in den Texten knüpft er an Traditionen an, führt sie aber gegenwartsbezogen fort. Mit FIFTY YEARS AGO versetzt sich Tyson in seine Jugendzeit zurück, erinnert sich an Juanita, die ihr „Gewerbe“ ebensowenig
aufgeben wollte, wie er das Rodeoreiten. „Ich wünschte, ich könnte sie noch finden; ich wünschte, sie wäre noch so schön wie damals.“ In NAVAJO RUG ist es Katie, die er auf einem Navajo-Vorleger geliebt hatte und an die er sich immer wieder erinnert, wenn – wie damals – ein Gewitter über die Berge zieht. Und OWN HEART’S DELIGHT ist eine Liebesgeschichte der Gegenwart: Er kommt von der Arbeit, füttert die Pferde, sie begrüßt ihn mit der Feststellung, sie seien lange nicht tanzen gewesen. Kurzentschlossen bringen sie die Kinder zu Nachbarn und fahren zum Tanz. Auch das immer Wiederkehrende Heimweh-Thema wird von Tyson individuell aufbereitet. Diesmal sitzt er in einem Motel in Fort Worth/Texas und wünscht sich, mit
seinem Calgary Girl durch den Calgary-Morgen zu gehen, wenn sich die Rockies im Morgenrot rosa färben (ROCKIES TURN ROSE). THE GIFT ist dem Landschaftsmaler Kid Russell gewidmet, der laut Tyson „im
Himmel für Sonnenuntergänge in Montana zuständig” sei. OLD CHEYENNE führt die Rodeo-Thematik fort, ‚dieses Nicht-Davon-Loskommen: „Weil es Dir ins Blut geht, geht es dir in den Sinn.“ Ähnlich COWBOY PRIDE, in Briefform angelegt, in dem ein Cowboy dem anderen berichtet, was zu viel Cowboy-Stolz anrichten kann. SUMMER WAGES – einzige Übernahme eines Titels aus der Folksong-Ära – gibt bildhaft die Gedanken
eines Spielers wieder: „Die Jahre sind verspielt und verloren wie Sommerabenteuer“. THE COYOTE & THE COWBOY läßt Tyson Vergleiche ziehen, deren Ironie nicht zu übersehen ist: „Der Cowboy wird high
vom Schnaps, der Coyote vom Mond… Der Whisky kostet 13 Dollar, der Mond ist frei; wer ist nun der Dümmere von beiden?“ Auch die Outlaw-Story hat jahrhundertealte Tradition in Folk und Mountain Music.
CLAUDE DALLAS berichtet von einem entflohenen Häftling, der von zwei Wärtern eingefangen werden soll. Diese werden tot aufgefunden. 15 Monatelang bemühen sich dann 18 Männer, Claude Dallas zu fangen. Kaum wieder im Gefängnis, bricht er erneut aus und verbirgt sich in den Wäldern. „Er könnte der letzte Outlaw sein”, singt Ian, denn: „Ihr könntet denken, diese Erzählung ist Geschichte aus der Zeit vor der Eroberung des Westens. Aber, was ich beschreibe, geschah 1981.“ Den Beginn der Frühjahrsarbeiten auf seiner Ranch, das Austreiben der Kühe, schildert Ian in SPRINGTIME, nennt seine Cowboys dabei namentlich und erwähnt auch sich selbst: „Ian ist in den Bergen und versucht, Lieder zu schreiben.“ Ein
Versuch, der anhand vorliegender LP als durchaus geglückt bezeichnet werden kann.

Ulrich Gnoth (1989)

Titelliste

A1 – Springtime – 2:36

A2 – Navajo Rug – 2:51

A3 – Summer Wages – 4:14

A4 – Fifty Years Ago – 4:12

A5 – Rockies Turn Rose – 3:06

A6 – Claude Dallas – 5:07

B1 – Own Heart’s Delight – 3:48

B2 – The Gift  4:19

B3 – Cowboy Pride – 3:34

B4 – Old Cheyenne – 5:37

B5 – The Coyote & The Cowboy – 3:45

Kompositionen, Texte und Arrangements: Ian Tyson

Ian Tyson (voc)

Louis Sedmak, Nathan Tinkham (g)
George Koller (b)
Stan Stewart (steel-g)
Adrian Chornowol (p)
Thom Moon (dr)
Myran Szott, Roy Warhurst ( fiddles)

Cindy Church, Randy Fournier (background vocals)

Übernahme von Cuppamore Records/Berlin (West)

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Lithografie und Druck: VEB VMW „Ernst Thälmann“.
Werk Gothe-Druck
Ag 511/01/88/A Verpackung nach TGL 10609

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